Wallis Report 2007
Joderhorn (3035 m), Saastal
Ausgangspunkt: Mauerkrone des Mattmark-Stausees, 2210 m, Parkmöglichkeiten
direkt an der Mauerkrone.
Gehzeiten: Staumauer - Tälliboden 2 Std.; von dort zum Pass 1 Std.; zum
Gipfel des Joderhorns 1-1,5 h. insgesamt knapp 4,5 Std. Im Abstieg etwa 3-3,5
Std.; gesamt 7-8 Std.
Höhenunterschied: 900 m.
Anforderungen: Bis zum Moro-Pass unschwierige Bergwanderung (Fahrweg
bis zum südlichen See-Ende), vom Tälliboden markierter Steig zum
Pass (alter Handelsweg aus dem 13. Jahrhundert), dann Blockkletterei zum Gipfel,
die Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erfordert.
Das Saastal gefiel uns bereits bei unserer Tour zum Mittagshorn sehr
gut. Saas Grund und Saas Fee sind die idealen Ausgangspunkte für
spannende Gipfeltouren auf 3000er und 4000er. Die Gegend ist einfach
fantastisch und jedem Bergbegeisterten nur zu empfehlen. Einer der
Highlights des Saastals ist der bekannte Aussichtspunkt am Monte-Moro-Pass
in die höchste Wandflucht der Alpen, die Monte-Rosa-Ostwand. Ein
lohnendes Ziel, das wir heute mit der Besteigung des Joderhorns verbinden
werden.
Saas Almagell (1672 m) ist der ruhigste Urlaubsort im Saastal. Denn
die Urlaubsströme zweigen bereits in Saas Grund rechts ab ins
allseits bekannte Saas Fee – und die Talstraße führt
lediglich einige Kilometer weiter zum riesigen Mattmark-Stausees am
Talschluss. Von der Staumauerkrone des Mattmark-Stausees spazieren
wir zunächst gemütlich auf dem Fahrweg am Westufer leicht
aufwärts durch zwei kurze Tunnel und dann vorbei am blumenreichen
Mattengelände des „Grienberg“ fast eben bis zum Südzipfel
des milchig-türkisen Stausees. Bei der Brücke nehmen wir
den weiter taleinwärts ziehenden Pfad und gewinnen nun langsam
an Höhe. Mäßig ansteigend gelangt man ins Tälli
und nach einer weiteren Brücke über eine Geländestufe
zum Tälliboden. Hier und da sind auf Felsblöcken deutlich
die Wegweiser aufgemalt, sie weisen unmissverständlich zur felsendurchsetzten
Flanke des Monte Moro, durch die der historische Weg aus dem Mittelalter
auf natürlichen Bändern und kunstvollen Steinplatten-Treppen
in nahezu gleicher Richtung zum Monte-Moro-Pass (2870 m) führt – heut
queren wir gelegentlich einige matschige Schneefelder, die in der gleißenden
Sonne dahinschmelzen und den Stapfen eines 180pfünders wie mir
oft nachgeben.
Schließlich erreichen wir den Pass und der Blick öffnet
sich hier gen Italien. Der Monte-Moro-Pass ist schon seit vielen Jahrhunderten
ein rege benutzter Übergang: Das obere Tal von Macugnaga wurde
von den Walsenn vom Wallis aus besiedelt. Der Pass diente auch Händlern
sowie Schmugglern lange Zeit als Transportweg von Italien ins Wallis.
Und hier kommen auch wir unverhofft plötzlich in den Genuss italienischen
Flairs – mehr
als uns lieb ist. Wenig westlich oberhalb der tiefsten Einschartung
steht eine große Statue auf dem Grenzkamm und markiert
einen besonders schönen Aussichtspunkt. Heute – vermutlich
täglich – umringt von johlenden Tagestouristen, die von
der italienischen Südseite mit der Bahn diesen Punkt ganz bequem
erreichen – und der Freude auf ihrer bekannten Weise Ausdruck
verleihen. Wenig tiefer sehen wir das Rifugio Paolo Mavoli, das diesen
Ausflüglern zur Bergbahnfahrt mit Spitzenpanorama obendrein noch
Hüttenfeeling verkauft.
Die Ostwand des Monte-Rosa-Massivs ist die höchste Wandflucht
der gesamten Alpen. Auf mehreren Kilometern Breite bricht hier eine
gigantische Fels- und Eiswand von über 4500 m zum Becken des Belvederegletschers
auf ca. 2000 m ab. Da die Wand am Nachmittag größtenteils
im Schatten liegt, empfiehlt sich ein entsprechend früher Aufbruch
im Tal, so dass man möglichst schon bis zehn Uhr oben ist. Laut
Goedeke pflege zudem die Ostwand des Monte Rosa sich an schönen
Sommertagen gerne schon sehr früh hinter Quellwolken zu verbergen.
Wir verlassen das Getümmel und peilen unseren heutigen kleinen
3000er an. Vereinzelten Steinmännchen folgend verlassen wir den
markierten Weg und schreiten in etwa 30 Minuten quer über den
bizarren Kamm zum Westhang des Joderhorns. Die Felslandschaft des breiten
Kamms scheint von früheren Gletschern geschliffen und geformt,
durchsetzt mit Schneefeldern und kleinen Schmelzwasser-Tümpeln.
Der
vom Moro-Pass augenscheinliche Schotterhang erweist sich – wie
eigentlich nun das komplette Joderhorn - aus der Nähe beäugt
als riesiger Haufen teils meterhoher großer Felsblöcke.
200 m über uns winkt das Gipfelkreuz – und so wagen wir
die Blockkletterei, teils Steinmännchen folgend, aber wo nicht
vorhanden immer schnurstracks hinauf bis schließlich zum kleinen
Metallkreuz auf engem Gipfelchen. Vom Gekreische der Moro-Besucher
ist hier nichts zu hören – nur vereinzelte Dohlen unterbrechen
die Stille. Viel begangen ist er nicht, bietet er doch keine andere
Aussicht, als der Moro-Pass selbst schon. Nein, dieses Hochziel scheint
nur Sammler wie uns zu ködern.
Der Abstieg zum Pass erfolgt meist auf individueller Route dann weiter
am Anstiegsweg. Am Stausee angekommen wählen wir den kürzeren
Uferweg. Es empfiehlt sich aber auch der Weg entlang des Ostufers – man
gewinnt damit noch einige interessante Ausblicke auf das Strahlhorn
und verlängert die Wanderung um kaum mehr als 10 Minuten.