Wallis Report 2007

Allalinhorn (4027 m), Saas Fee

Schwierigkeiten: Der Normalweg verläuft nur über Firn, kurze Stellen vorbei an Spalten, am Gipfelhang 40°, oft mit Eis.
Mühen: von der Bergstation Mittelallalin 600 mH Aufstieg auf breiter Trasse (2-2,5 Std.) Saas FeeSaas Fee
Gefahren: im Aufstieg zum Feejoch einige Spalten. Die eigentliche Gefahr beim Allalin ist allerdings die Verlockung, dass Untrainierte und Unerfahrene wegen des geringen Höhenunterschiedes von der Seilbahnstation auch ohne die nötige Akklimatisation und Ausrüstung den Aufstieg wagen.
Freuden: Trotz negativem Beigeschmack dieses übererschlossenen Berges – das Panorama dieses 4000er ist grandios! Und dieser Gipfel ermöglicht dies auch Bergwanderern, die noch wenig hochalpine Erfahrung haben – natürlich mit Bergführer.

der Bergführer
Nach verdientem Ruhetag mit Stadtbesichtigung Saas Fee und Faulenzen in Alpenwiesen möchten wir heute das erste mal auf 4000 Höhenmeter steigen. Daher starten wir mit einem recht einfachen 4000er – und aufgrund unserer geringen Gletschererfahrung schließen wir uns einer kleinen 5-köpfigen Gruppe mit Bergführer an. Am frühen Morgen treffen wir uns an der Talstation in Saas Fee. Hier begrüßt uns ein älterer, aber recht athletisch wirkender Bergführer. Sonnengebräunt, verwitterte Haut, grauer Bart – ein echter Naturtyp - mit lustigen, aber wachsamen Augen – ein wirklich cooler Schweizer!

mit Bergführer zum AllalinhornRoute zum GipfelBis zur ersten Station Morenia kennen wir die Bahn bereits von unserer Tour zum Mittagshorn. Immer längsseits des Feegletschers bzw. was davon übrig ist. Bereits bewachsene Moränenberge zeigen, dass die Gletscherzunge einst bis zum Ort reichte. Weiter oben geschliffener glatter Fels über die ganze Ebene – augenscheinlich hat sich der Eisstrom hier in kurzer Zeit rasant zurückgezogen. Ab der Station Felsskin geht es per Tunnelbahn „Metro alpin“ weiter bis zur Endstation Mittelallalin.

per Seilschaft über GletscherSeit dem Ausbau der Bergbahn mit dieser U-Bahn im oberen Teil gilt das Allalinhorn als ÜberhängeEinsteiger-4000er. Das passt ja auf uns. Die Erschließung dieser Landschaft tut jedoch schon sehr weh, da wir dies aber selbst heute nutzen, dürfen wir uns nicht beschweren. Allerdings könnte man hier im Sommer auf den Skizirkus wirklich verzichten. Die Ballung so vieler Menschen dort auf dem Gletscher ist einfach ökologisch unverträglich - und der von Pistenraupen verlärmte und von Liftmasten verstellte Gletscherkessel in dieser Landschaft eine Brutalität.

Mit Gurten und Steigeisen ausgestattet traben wir los. Die Route des Normalwegs führt im ersten Drittel SeilschaftSeilschaftSeilschaftoberhalb der Skipistengegend entlang. Dann wird es hochalpin und unser Bergführer verknotet uns einen nach dem anderen. Mit ist mulmig bei dem Gefühl, mit den anderen mir unbekannten Leuten an einem Seil zu hängen, zumal das Ehepaar nicht sehr trittsicher scheint und nicht wirklich steigeisenfeste Schuhe trägt. Unser cooler Schweizer schlägt ein gemütliches Tempo ein, dahinter stolpert das sächsische Ehepaar, dann ich, Stefan und der Schlussmann. Wir haben tatsächlich den wettermäßig idealen Tag erwischt – keine Wolke am Himmel, kein Dunst, glasklare Luft. Und schon hier die Sicht auf die umliegenden 4000er ein Genuss der Extraklasse: Lenzspitze, Dom, Täschhorn, Alphubel. Wir sind daher heute nicht die Einzigen. Ganze Völkerwanderungen finden hier statt. Karawanenähnlich trotten angeseilte Touristen hinter ihren Bergführern im Gänsemarsch – so auch wir. Über den anfangs steilen Gletscher, wo wir einige Spalten mit steilen Oberlippen passieren, hinauf zum Feejoch (3826 m).

Matterhorn vom Feejoch ausam FeejochAm Joch tut sich dann ein neuer unbeschreiblicher Anblick auf. Vor uns plötzlich zum Greifen nahe das Rimpfischhorn, Strahlhorn und Fluchthorn, dahinter im Mantel riesiger Eiswüsten das Monte Rosa Massiv mit unzählichen Spitzen, darunter die Dufourspitze. Im Gipfelaufstieg Westen dann endlich unverkennbar – das Matterhorn. Wir pausieren hier kurz, weiter angeseilt - und stehend versteht sich.

Die Karawane zieht nun weiter gen Allalin. Nun mit weitem Rechtsbogen über den Gipfelhang und dann von Südwesten her über den Grat aufwärts. Hier wirds steiler und enger – durch Gegenverkehr – und es kommt, wie es kommen musste, einer der Stolperer vor mir fällt tatsächlich und rutscht, soweit es das Seil zulässt einige Meter hinab. Während ich mich in Sekundenbruchteilen darauf vorbereite, meinen Pickel notfalls einzuschlagen, falls es andere mitreist, hat unser Bergführer und mein Vordermann der kurzzeitig geschockten Dame Dank Sicherungsseil auch schon Halt verschafft. So lernen wir, wieso das Anseilen auf steilem Firn extrem wichtig ist.

Noch wenige Meter, dann sind wir am höchsten Punkt. Der Massenansturm führt schließlich am eigentlichen per Seilschaft über GletscherGipfel AllalinhornGipfel AllalinhornGipfelkreuz erst anstehen und dann nur für wenige Fotos Zeit haben. Letztere nehmen wir uns am Gipfelkamm nun für Fotos und den Genuß des Panoramas. Was für ein Ausblick! Drumherum alle 4000er Gipfel des Wallis, im Norden die kompletten Berner Alpen, die Mischabelgruppe im Nordwesten, im Westen hinter dem Matterhorn das Mont Blanc massiv. und im Süden die nahen Nachbarn Rimpfischhorn und Strahlhorn. Weiter im Süden die italienische Tiefebene, wolkenbedeckt tief unter uns. Über uns ein tiefdunkelblaues Firmament.

360 RundumblickWährend rings herum die Digitalkameras surren, versuche ich ohne Handschuhe SMS zu schreiben. Diese fallen aufgrund der Kälte recht kurz aus. Waren es unten im Tal noch 28 Grad, so haben wir hier gefühlte 10 Grad unter Null, so dass Stevie acht geben muss, dass sein Grinsen nicht einzufrieren droht. Ich verzichte daher auf meine obligatorische Gipfelzigarette.

 

Berner AlpenSaas Fee mit WeißmiesStevieRimpfischhornBreithornMatterhorn

 

 

Dank Steigeisen meistern wir den Abstieg recht zügig – meist neben der Aufstiegsspur vom östlichen Ende des Gipfelgrates zuerst südwestwärts, bald rechts haltend hinunter ins Feejoch. Von dort nordseitig den steilen Gletscher hinab und auf den flacheren Böden rechts zum Skizirkus, wo wir endlich vom Sicherheitsseil befreit werden.

AllalinhornAuf der Sonnenterrasse des Mittelallalin genehmigen wir uns inmitten zahlreicher Skifahrer schmerzgeplagter Stevieeine Stärkung, ergötzen uns weiter am Panorama und freuen uns über unseren ersten 4000er. Wenn auch teuer erkauft und mit heftigen Kopfschmerzen für Stefan als Folge.

Die Übererschließung des Allalinhorns lässt erfahrenere Hochalpinisten heute den Aufstieg über den landschaftlich großartigen Hohlaubgrat oder über den Allalinpass und Südwestgrat vorziehen. Letztere Route, dem früheren Normalweg, diente 1856 dem Saaser Pfarrer Johann Josef Irrboden, Franz Josef Andenmatten und F. L. Ames zur Erstbesteigung.

Unsere erste Wallis-Tour endet hier – aber wir kommen wieder!


© Michael Breiden 2009

Fotospecial 2007

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