Wallis Report 2007

Wannehorn (2658 m) und Seetalhorn (3050 m), Grächen

durch den ZirbelwaldFür heute wurde eigentlich durchwachsenes Wetter gemeldet, daher möchten wir schwierige Kletterpassagen meiden und entscheiden uns für eine schöne 2-Gipfel-Tour. Wie es scheint, wird es heuer nicht so sehr anstrengend – so glauben wir….

Früh morgens sind wir unterwegs mit dem Wagen hinauf nach Grächen, das sozusagen Berner Alpenam Ausgang des Mattertals, jedoch wesentlich höher liegt, als Randa und Zermatt. Wir lassen uns mit der Gondel gemütlich zur Hannigalp auf 2121 m schaukeln und visieren unser erstes Tagesziel an: Das Wannenhorn. Der idyllische Pfad schlängelt sich zunächst ohne große Höhendifferenzen durch Kiefernwälder, d.h., durch besonders schöne Zirbenbestände (Zirbe = eine Kiefernart), und führt uns bald hinüber zur anderen GemsenSeite des Bergkamms hoch über das Saastal. Bald lichten sich die letzten Wolken und die Wärme der Sonnenstrahlen lassen Wald und Wiesen herrlich frisch duften. Bald folgen wir einer Abzweigung nun steiler hinauf und gelangen an einen tollen Aussichtspunkt, der „Chleini Furgge“. Drüben die hohen Berner Alpen - und sogar den Aletschgletscher sehen wir erstmals in Ferne gen Süden strömen.

Im Südwesten schiebt sich das Weißhorn langsam durch die Wolkendecke, im Osten die 4000er der Weissmiesgruppe. Wir pausieren ausgiebig – fast schon zu ausgiebig…. Weiter dem Kamm folgend Wannehorn im hill fogstoßen wir schließlich auf recht zahme und fotogene Gamsböcke, die sehr genau wissen, wie sie sich ins rechte Bild setzen müssen. Das Wannenhorn wird erst recht spät sichtbar, direkt über uns hat sich der hill fog (Bergnebel) festgebissen, den der mystische Trümmerberg wohl so leicht nicht abschütteln kann. Der teilweise kaum sichtbare Pfad führt über ein riesiges Trümmermeer entlang an seiner Westflanke bis zum Joch. Von dort über den recht breiten Rücken erreichen wir über Blockwerk bald den höchsten Punkt – wo wir Trümmermeerjedoch das Gipfelkreuz vermissen. Dieses hat man dem Berg nicht auf sein Haupt gesetzt, sondern 20 m weiter an einen wohl günstigeren Aussichtspunkt. An diesem „Marketing-Kreuz“ rasten wir – und starten unsere Foto- und Filmshow, als die Wolken nun gänzlich abziehen oder aufgelöst Wannehornwerden. Die Sonne bruzzelt und beschert uns herrliche Aufnahmen der Walliser Berge und Berner Alpen. Wieder lassen wir uns viel Zeit ….

das WeißhornDer Gipfelkamm um Wannehorn, Distelhorn, Seetalhorn und Gabelhorn befindet sich in einem Zustand weitestgehenden Zerfalls. Beidseitig umgeben die Gipfelfelsen ein gewaltiges Trümmermeer. Durch eine regelrechte Mondlandschaft führt zunächst ein recht breiter Fahrweg entlang der Westflanke dieses Kamms vom Wannehorn zur Bergstation der Seetalhornbahn.

In der gleißenden Mittagssonne quälen wir uns jetzt die letzten ca. 100 Höhenmeter hinauf zur Station – es zehrt an den Kräften und kostet uns eine Menge Schweiß bis wir endlich die Plattform der Hütte zum Logieren nutzen können.

Bergstation SeetalhornSeetalhornSeetalIm Winter führen Sessellifte zu dieser Station und von hier Skipisten talabwärts. Heute ist der Bergimbiss leider geschlossen – schade, denn ein kühles Radler hätte mir jetzt gefallen.

Die monolithischen Gipfelfelsen des Seetalhorn ragen nun über uns und scheinen allen Gesetzen der Schwerkraft zu spotten. Die Serpentinen winden sich nun durch die Trümmerhalde hinauf zum Seetaljoch auf 2980 m. Der Pass ist nur wenige Meter breit und bietet kaum Sitzplatz. Ich suche vergebens nach einer Passage zum Gipfel, der in greifbarer Nähe thront und den Anschein macht, er könnte beim geringsten Luftzug zerbröseln.

BalfrinAuf der anderen Seite gelangen wir ins Seetal, das optisch der toten Felstrümmerwüste der Westseite in nichts nachsteht. Zunächst etwas steiler, dann angenehm gefällig gelangen wir zum unteren Ende des Lägundegrates und zum Hochalmgelände der Rote Biel. Der komplette Abstieg wird von phantastischer Aussicht auf Balfrin und seinem gleichnamigen Gletscher begleitet – sowie gegenüber auf Fletschhorn, Lagginhorn und Weissmies.

durch das SeetalDer eigentlich angenehme Weg führt durch den Kessel des Eisbaches, durch teilweise atemberaubend steile Flanken und auf der anderen Seite um den Stock herum. Was jedoch so kurz klingt, zieht sich zeitlich endlos dahin. Es wird knapp. Unsere Bahn Kessel Eisbachschließt um 18.00 Uhr. Wir beeilen uns, jetzt keine Pause mehr! Noch ein Kessel, noch eine Kuppe… und immer so weiter. Diesen Pfad schreiben wir in die Liste der ewigen Munkelwege, - Wege, die den Wanderer mit schierloser Unendlichkeit und Eintönigkeit quälen.

Quer durch die Ostseite des Wannehorns gelangen wir dann doch irgendwann wieder zur Hannigalp, wo uns niemand erwartet. Gondel, Gaststätten, Latrinen…, alles geschlossen.

Die nächsten 75 Min. plagen wir uns einen Autofahrweg hinab durch den Wald. Diese Passagen liebenHannigalp wir. Ständiger Blick auf Bäume, steile Passagen, die die Fußsohlen beanspruchen, immer neue Kurven und Serpentinen ohne Blick auf das Ziel – und das am Ende einer sowieso schon strapazenreichen Tagestour.

Wir übernachten gleich in Grächen und nehmen einfach das erstbeste teure Appartement – Hauptsache heute nicht mehr laufen oder fahren, nur noch ins Bett fallen.

 



© Michael Breiden.2008

Klettersteig Mittaghorn, Saas Fee

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