Die Alpbach Chronik 1999

25.08.1999 Sagtaler Spitze (2241m)

Heute bin ich bereit für den zweiten Angriff auf die Sagtaler Spitze. Der Weg dorthin ist bereits Routine, von der Bergstation der Gondelbahn bis zum Fuß des Berges benötige ich nur noch ein gutes Stündchen. Nun heißt es, einen anständigen Pfad nach oben zu finden, meine Wanderkarte gibt in der Beziehung leider nichts her.
Als ich dort so rauchend und den Weg ausbaldowernd auf einem Felsbrocken herumsitze, überholt mich ein junges Paar, offensichtlich Deutsche. Sie grüßen mich und reißen einen Antiraucher-Witz. Schließlich marschieren sie schnurstracks über den Osthang den Berg hinauf. Diesen Pfad hatte ich beim ersten Mal total übersehen, wohl schon deshalb, weil er gefährlich nah an der nördlichen Steilwand vorbeiführt. Sagtaler Spitze "Wat mut, dat mut", denke ich mir und folge nach ein paar Minuten. Es geht anfangs sehr steil über eine Schotterpiste voran, links gähnt der Abgrund. Nur nicht ausrutschen, sonst lande ich unten im Greiter Graben und muß mit dem Bus nach Hause fahren. Schließlich wird der Weg etwas angenehmer und nach kaum zehn Minuten ist auch schon alles vorbei, ich stehe auf dem Gipfel.
Dort sitzen die beiden Gesundheitsapostel und genehmigen sich einen Enzian! Ich mache ein Foto von ihnen fürs Familienalbum und qualme mir eine. Hier ist es richtig gemütlich, ich bewahre aber einen respektvollen Abstand zum Nordhang.
Die Aussicht ist hervorragend, im Südwesten sieht man merkwürdige Berge, die in flache, langgezogene Nebelbänke eingehüllt sind. Das müssen wohl Gletscher sein, Schnee und Wolken sind auf diese Entfernung kaum voneinander zu unterscheiden.
Als ich mich hier oben ein wenig genauer umschaue, bemerke ich, daß gleich drei Wege hier herauf führen: der, den ich heute gegangen bin, der, den ich letztes Mal versucht habe und ein weiterer schlängelt sich von Osten her über die Gipfel, die von unten wie Drachenzähne aussehen, wenn sie auch ein wenig krumm und faulig erscheinen. Offenbar ist das der berüchtigte Gamssteig, der im Wanderjournal des Alpbacher Tourismusverbandes folgendermaßen angepriesen wird: "...für unsere besonders durchtrainierten und vor allem schwindelfreien Gäste!" Klingt faszinierend und abstoßend zugleich.
Da heute irgendwie kein guter Tag zum Sterben ist, beschließe ich, den ursprünglichen Weg wieder herunterzuklettern und mich noch ein wenig im Tal der Schlangen umzusehen. Dort entdecke ich einen Pfad, der zum Kamm in Richtung Zillertal hinaufführt. Auch der existiert laut meiner Wanderkarte nicht, ich werde mein Geld zurückverlangen. Oben angekommen sehe ich von weitem den Hamberg, der wie ein Leuchtturm über dem Zillertal thront.
"Du bist der nächste", denke ich, aber nicht heute, ich will noch die letzte Gondel gen Kolberhof-Schnitzel erwischen.

Fazit: Ich schließe mich ausnahmsweise den einschlägigen Wanderführern an, die da einhellig schreiben: "eine leichte, lohnende Wanderung".

Unterhaltungswert:   Schwierigkeitsgrad: 


27.08.99 Über den Schatzberg zur Joel-Spitze (1964m)

© Stefan Maday 5.10.2001