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Wallis Report 2008
Tag 4: Plattenhorn & Daubenhorn Klettersteig
Ausgangspunkt: |
Gemmipass |
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Höhendifferenz: |
320 m zum Plattenhorn, 350 m zur Oberen Freiheit |
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Dauer: |
10 h (inkl. Pausen) |
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Nach unserem gestrigen Gipfelerlebnis beschließen wir, einen tollen Klettersteig
in unser diesjähriges Programm einfließen zu lassen und brechen am
frühen morgen nach Leukerbad auf. Vom Rhonetal durchs abgelegene Dalatal
erreicht man den bekannten Ferien-, Kur- und Badeort Leukerbad, nach Norden und
Westen umringt von beeindruckenden Steilwänden der Plattenhörner und
des Daubenhorns. Insbesondere der Südabsturz des Daubenhorns lässt
Spannung pur erwarten, führt doch der Klettersteig schnurstracks durch die
zerklüftete Flanke, die mehr an einen Dolomitengipfel erinnert, als eine
Erhebung in den Berner Alpen.
Vom Gemmipass aus, der Seilbahnbergstation, machen
wir uns erst einmal auf den Weg zum Plattenhorn auf 2640 m. So haben wir unseren
Gipfel für heute schon sicher und fahren keine "Schande" ein,
wenn wir den Daubenhorngipfel nicht erreichen sollten. Denn die Erbauer des
Leukerbader
Klettersteigs
haben eine kleinere Alternative eingerichtet für diejenigen, denen 900
Höhenmeter
Klettersteig dann doch zu anstrengend wird.
So saugen wir erstmal die gigantische Aussicht vom Plattenhorn auf. Fast senkrecht
sind die Steilwände hinab nach Leukerbad.
Wir haben bestes Wetter und genießen den Anblick der Wallis 4000er
im Süden
sowie die zerklüfteten Steilabstürze des Daubenhorns, wo wir in
halber Höhe eine kleine Schweizer Flagge ausfindig machen.
Zurück am Gemmipass geht es auf dem alten Gemmipfad etwa 20 Min. abwärts.
Auf dem optimal ausgebauten Touristenweg kommen uns schnaubende Tageswanderer
aus Leukerbad entgegen. Bei der Unteren Schmitte (2070 m) zweigen wir rechts
zur Ferrata ab.
Sie quert mit Drahtseilsicherungen auf Bändern die Daubenhornwand
zur Unteren Freiheit. Der Pfad ist recht schmal und von unserem vorherigen Aussichtsgipfel
wissen wir, dass der steile Schotter des Bandes in einer senkrechten Steilwand
darunter endet. Wer hier fällt, fällt direkt nach Leukerbad, geradewegs
in einen der zahlreichen Hotelpools, so scheint es einem. Einige Male wird es
mir recht mulmig, und auch dem coolen Stefan ist die Sache nicht einerlei. Über
einige sehr heikle sehr ausgesetzte Passagen, die für Hände und Füße
teilweise nur wenige Zentimeter Griff- bzw. Trittfläche bieten und über
spektakuläre senkrechte Kletterpassagen, wo man nicht immer gleich den sicheren
Halt findet, erreichen wir schließlich schon etwas abgekämpft die
Untere Freiheit.
Von hier aus geht es nun spektakulär und senkrecht weiter über
eine Serie von Leitern hinauf zur Oberen Freiheit. Ich steige voran und
merke schnell, dass solch senkrechte Leitern bei ständigem Umsetzen der
Karabiner für einen 90 Kilomann recht kräftezehrend werden. Daher
durchsteige ich die letzten 116 Höhenmeter über Leitern recht zügig.
Vorbei an der Schweizer Flagge, von weitem recht klein vermutet, entpuppt
sich diese
als 4 m breite Blechplatte. Erleichtert erreiche ich sehr schnell die
Obere Freiheit (2303 m), eine grasige Kanzel hoch über Leukerbad
mit herrlich freier Aussicht. Nach Ablegen von Helm und Gurt lasse ich
mich erst einmal ins Gras fallen, um
durchzuatmen.
Nach meinen ersten Panoramaaufnahmen lucke ich schließlich
mal über den senkrechten Abgrund, kann aber leider Kumpane Stefan
nicht sehen. Auf den Leiterpassagen hatten wir irgendwann den Sichtkontakt
verloren.
Als ich schon Gurt und Helm wieder angelegt habe und besorgt zum Leiterende
hinabgestiegen bin, sehe ich Stefan dann doch weiter unten empor klettern.
Er hatte
sich etwas mehr Zeit gelassen und meine Rufe nichtgehört, berichtet
er mir oben angekommen genauso sichtlich außer Atem, wie ich zuvor.
Die Obere Freiheit ist ein mehr als erkämpftes Gipfelziel, daher überschätzen
wir jetzt nicht unser Können und belassen es bei der kleinen Variante
des Leukerbader Klettersteigs. Weitere 600 Hm bis zum Gipfel ist nichts
für
untrainierte Bürohocker.
Der Weg gabelt sich nun und wir steigen über
Mielsäss mit kurzen gesicherten Stellen zum Geissweg, der über unzählige Bänder, Plateaus und Steilstufen im 900 Hm Abstieg
zurückleitet
nach Leukerbad auf 1402 m. Der
Abstieg schien gar kein Ende mehr zu nehmen und so qualmen uns am Spätnachmittag
förmlich
die Socken. Wir sehen uns nicht imstande , noch irgendwohin zu
fahren. Recht teuer aber nah, mieten wir uns in die nächstbeste
Pension ein und freuen uns auf SchniPo im hauseigenen Restaurant.
Für
den nächsten
Tag planen wir einen gemütlichen
Wandergipfel, der zudem etwas Almrelaxing verspricht.
© Michael Breiden 2011
www.alpenreport.de
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