Die Alpbach Chronik 1999
01.08.1999 Wiedersberger Horn (2127m)
Ich bin zwar schon seit vier Tagen hier in Alpbach, doch heute
hat es erstmalig einen Hauch von Wonnewetter. Bisher waren
die Gipfel der Berge immer unter einem nebulösen Schleier
verborgen. Erst jetzt realisiere ich, daß ich tatsächlich in den Alpen bin.
Als blutiger Anfänger in Sachen Berghoch entscheide ich mich
für das Wiedersberger Horn, den Berg, unter dessen Nordhang ich
wohne, so daß mir keinerlei Horizont vergönnt ist.
Mein erster Gipfel! Allerdings mit ordentlicher
Schummelei, bin ich doch mit der Gondelbahn
zur Bergstation auf ca. 1800m hinauf gefahren.
Die restlichen Meter bis zum Gipfel stellen für einen
untrainierten Flachländer aber immer
noch eine ganz schöne Tortur dar. Ein seichter Anstieg führt an
einem Schilift vorbei und links über den Panoramaweg unterhalb
des Gipfels. Dann wird es steiler.
Die Pumpe beginnt zu rasen, die Lunge
pfeift und der Schweiß fließt in Strömen. Jede jemals gerauchte
Zigarette wird zum Fluch! Besonders die letzten 100m über die
Schotterhalde am Südhang haben es in sich.
Oben gibt es ein tolles Panorami mit Blick auf das Alpbachtal, die Gratlspitz und
den Großen Galtenberg. Nach Süden hin erstreckt sich ein Grat über
drei Kilometer bishin zur Sagtaler Spitze, aber dafür reichen Zeit und
Kondition (noch) nicht. Besonders gut kenne ich mich in den Bergen noch nicht aus.
Mit Hilfe meiner Panoramakarte versuche ich, all den anderen
unbekannten Gipfeln einen Namen zu verpassen. Da gibt es Spitzen,
Köpfe und Jochs.
Unterhalb des Galtenbergs liegt noch Schnee! Sieht alles
sehr steil und unheimlich aus. Werde ich
jemals dorthin gelangen, wenn alleine schon der Anblick
dieses steinernen Monstrums ein mulmiges Gefühl in mir weckt?
Der Gipfel ist recht gut besucht, obschon es hier keine
Pommesbude oder sonstige Attraktionen gibt. Außer dem
Gipfelbuch vielleicht. Stolz vermerke ich meine Visite und
blättere ein wenig in der Vergangenheit herum.
Manche haben sich regelrecht Mühe
gemacht, etwas Originelles zum Besten zu geben, andere waren
sich offenbar selbst genug. Die wohl dämlichste Eintragung lautet:
"Bine und Gery aus Deutschland (Koblenz)". Du meine Güte!
Die kenne ich auch noch...
Beim Abstieg über den Nordhang gerate ich an einen kurzen
Klettersteig
mit Stahlseilen.
Eine unterhaltsame Einlage, das vollkommen abgewetzte Seil
läßt auf fleißige Benutzung schließen. Wie wohl die vielen
kleinen Kinder, die hier herumlaufen, da hoch
und runter kommen?
Fazit: Das Wiedersberger Horn ist der Familienberg.
Sonntags läßt man sich hier besser nicht blicken, da geht es zu
wie vor dem Kölner Dom.
Unterhaltungswert:
Schwierigkeitsgrad: